Im Flughafen fiel mir eine attraktive Frau auf; schlank, Kostüm, gepflegte Erscheinung. Plötzlich stand sie auf und latschte zum Gate – sie ging nicht, sie latschte, und in diesem Moment war jede Attraktivität dahin. Unwiederbringlich.
Es hat sich herumgesprochen, dass es solche scheinbaren Nebensächlichkeiten wie Schuhe und Handtaschen sind, die den Unterschied machen, und das verschafft Louis Vuitton und Christian Louboutin Traumumsätze. Dabei geht es nicht um die Label, sondern darum zu zeigen, dass man auch die scheinbaren Nebensachen im Blick hat. Denn ob ein gelungenes Kleid Ausdruck einer inneren Eleganz oder nur Verkleidung ist, erkennt man eben an den Details, die bei einer Verkleidung immer vergessen werden. Wie dem damenhaften Gang. Oder dem Lächeln. Oder den Tischmanieren.
Diese Liste ließe sich fortsetzen, und dankenswerterweise hat Derek Blasberg sie fortgesetzt. Derek wer? Derek Blasberg ist ein sympathisch unbescheidener Kolumnist aus – was sonst? – New York. Er ist der Fashionisto der New York Times, für die er in die Welt der Schönen und Berühmten eingetaucht ist. Dabei hat er, eigenen Angaben zufolge, wahre Damen und echte Schlampen kennengelernt, und ein Buch geschrieben, wie letztere zu ersteren werden können. Ein Benimmbuch also, ein Knigge für die jungen Frauen unserer Zeit, wo sie nicht nur erfahren, wie sie sich zu kleiden haben und wie nicht, sondern auch, wie sie sich auf Parties benehmen sollten, wie ihr Zimmer einzurichten und aufzuräumen, wie zu verreisen und worüber zu konversieren. Und vieles mehr.
Das Buch ist bislang nicht ins Deutsche übersetzt, aber sein Englisch ist spritzig und witzig und stellt damit bereits die nächste Regel dar: Eine Dame sollte Englisch können. Und das lernt man, wenn man das Buch liest und sein Smartphone mit Übersetzungs-App griffbereit daneben legt. Was man wegen des reichen Wortschatzes auch braucht.
Blasberg umgeht einige typische Fallen bei Benimmbüchern. Er ist nicht langweilig. Er ist nicht altmodisch. Er schreibt für die Gegenwart, nicht für die 1950er Jahre. Er gibt praktische Tipps für die auf- und anregende Frau von heute, nicht für blaustrümpfige Jungfern. Er scheut keine heißen Themen. Manchmal ist er rührend, etwa wenn er sein ultimatives Argument vorbringt, weshalb Damen auf Parties nicht ohne Höschen erscheinen sollten: wegen der Hygiene.
Seit Pierre Bourdieu ist Allgemeingut, dass sich in unserer heutigen Gesellschaft Rang und Status am Habitus ablesen lassen. Habitus ist das gesamte Auftreten einer Person und damit immer ein Statement über die eigene Gruppenzugehörigkeit. Und wer will nicht gerne zu den Attraktiven und Aufstrebenden gehören? Wie das geht verrät Blasberg – leider nur den Frauen.
Um etwas vorab zu verraten: Nicht durch Geld, durch Markenklamotten, durch Auftrumpfen. Stil kommt von innen und zeigt sich in einer Haltung, immer, überall, auch wenn man am Flughafen zum Gate gerufen wird. Soviel Zeit, elegant zu gehen, ist immer! www.derekblasberg.com